Tennis – 5. Spieltag 2. Herren 30

5. Spieltag 2. Herren 30

Der erfolgreichste Mann der 2. Herren 30 war in den letzten Wochen, wenn nicht Monaten, wie immer Henrik. Wenn auch nicht auf dem Platz, denn seine Zwischenbilanz von 1:3 ist sogar noch schlechter als meine. Trotzdem kann er auf seine Leistungen stolz und mit dem Ergebnis sicher zufrieden sein:

Für die Statistik-Nerds:
Größe: 52cm
Gewicht: 2970g
Name: „The Machine Junior“… oder zur Not auch „David“
Eintrittssaison Herren 30: 2049

The Machine Senior hat seine Karriere als erfolgreicher Tennisspieler ohnehin bereits öffentlich beendet und möchte jetzt zum reinen Blocker an Position 1 umschulen, damit wir dahinter die Punkte holen können. Dieser Plan scheitert allerdings bereits im Ansatz an zwei Umständen:
Zum einen habe ich auch nach intensivem Studium der BTV-Regularien keinen Passus gefunden, nach dem ich einen Spieler auf LK7 festschreiben lassen kann mit der Begründung „spielt zwar Kacke, ist aber Vater geworden“.
Zum Andere wäre es nötig, damit „wir dahinter“ sicher punkten, dass wir auf den Positionen 9 bis 13 auflaufen; nicht 2 bis 6.

Aber mit dieser Problematik mussten wir uns bei der zurückliegenden Begegnung beim Ausstellungpark München (für die Hockeyspieler unter den Lesern: Das ist der dazugehörige Verein zu dem immer mit einer Schranke zugesperrten Parkplatz, den jeder schonmal benutzen wollte, wenn er zum Rot-Weiß musste) glücklicher Weise nicht rumschlagen. Henrik hatte offenbar gelesen, dass man innerhalb der ersten zwei Wochen nach Geburt zu Hause zu sein hat, um der jungen Mutter unter die Arme zu greifen. Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings sagen: Die größte Hilfe leistet man, wenn man nicht im Weg steht oder durch unangebrachte Eigeninitiative sämtliche aufkeimenden Rituale und Rhythmen sabotiert. Ab und zu den Müll rausbringen und trotz präziser Einkaufsliste ständig falsche Windelgrößen und weitere Hygieneartikel nach Hause zu bringen, ist ohnehin das Maximum der möglichen Beteiligung. Und das ließe sich ganz bestimmt auch mit einem kurzen Spieltag in Einklang bringen, aber das muss ja jeder erstmal selber rausfinden.

Henriks Ausfall wäre aber seit dieser Saison recht verlustfrei zu kompensieren, da wir ja mit Wunderwaffe Steffen einen Mann in den eigenen Reihen wissen, der sich in unserer Liga eher langweilt; was vermutlich auch der Grund war, dass er als Ausrede für sein Fernbleiben, ein gemeinsames Wochenende mit seiner Freundin vorschob. Damit wurde der Kader dann schon langsam spannend. Gödde ist auf jeden Fall ein guter Mann, aber an Eins laufen auch beim Gegner selten völlig Blinde rum, Leo am Zwei hätte sicher auch schwer zu kämpfen und Manu an 3 räumte ich im Vorfeld eher Außenseiter Chancen ein. Dann käme ich an 4, was sich durch meine Mannschaftsführertätigkeit zum Glück leicht verhindern ließ, so dass Marko nachrückte. Daniel an 5 war ne sichere Bank und auch an Hani an 6 hatte ich absolut keinen Zweifel. Der Plan sah vor, aus den Partien 4-6 die volle Punktzahl zu holen und in der vorderen Hälfte evtl. noch einen Punkt zu erkämpfen. Ein Zwischenstand von 4:2 würde uns den notwendigen Puffer geben, dass ich dann im Doppel ein Bisschen mitkegeln könnte. Ich würde für Leo reinrutschen, der abends noch zu einer Hochzeit musste. Eine Situation, die Marko bereits im Vorfeld stark kritisierte:
„Willst du wirklich den Leo rausnehmen?! Der ist einer unserer besten Doppelspieler!“
Ich: „Naja, er ist halt auf ner Hochzeit eingeladen und hatte mich drum gebeten. Warum? Wen würdest du denn rausnehmen?“
Marko: „Na MICH!“

Das ist das Schöne an der Altersklasse über 30; die Lebenserfahrung führt vermehrt zu brauchbarer Selbstreflexion. Ich zum Beispiel habe erkannt, dass meine WhatsApp-Nachrichten zur Spielvorbereitung für Teile des Teams zu lang sind. 15 Zeilen Text überfordern sowohl Gödde als auch Knoth, so dass ich mich künftig auf Ort, Zeit und Kader beschränken werde.

Trotzdem schafften es alle pünktlich (also vor Spielbeginn) an den Einsatzort und nach sehr gewissenhafter Bewässerung des Geläufs konnten sich Leo, Marko und Hani auf Position begeben. Bereits beim Warmup viel auf, dass Leo bei der Auslosung etwas Pech zu haben schien; sein Gegner hatte eine einhändige Rückhand im Angebot, die technisch so formvollendet war, dass anzunehmen ist, dass sich Roger Federer daran orientiert. Bedauerlicher Weise konnte er diese Performance auch ins Punktspiel übertragen, so dass sich der erste Satz zügig zu Gunsten des Gegners entwickelte.

Hani begab sich zu diesem Zeitpunkt gerade vom Einspiel im T-Feld an die Grundlinie.

Mit Ratschlägen von Daniel bestückt begab ich mich trotzdem bei Leo auf den Platz und versuchte ihn zu unterstützen:
„Also Leo, dein Gegner ist ja wirklich ganz gut…“
„Stimmt. Macht Spaß, ihm zuzusehen“.

Wir versuchten Leos ausgesprochen ansehnliches Spiel ein wenig zu köhlerisieren, denn mit hohen und unorthodoxen Bällen hatte sein Kontrahent deutlich mehr Probleme, als mit schnell und gerade. Die Spiele wurden enger, Leo kam besser rein, trotzdem ging der erste Satz mit 2:6 verloren.

Hani hatte das Einspiel an der Grundlinie beendet und war bei Volleys angekommen.

Leo gelang es im zweiten Satz, die Ballwechsel offener zu gestalten, aber der größte Erfolg davon war, dass der Gegner sich gezwungen sah, nochmal ne Schüppe drauf zu legen. So kam Leo nach wirklich gutem Spiel auch im zweiten Satz nicht über ein 2:6 hinaus und meine größte Leistung als Coach war es, bei 80°C im Schatten unter dem Sonnenschirm sitzend auf der Bank nicht zu verrecken. Es übersteigt meine Vorstellungskraft, wie bei diesen Temperaturen an Sport zu denken war.
Hani Schritt zur Aufschlagwahl.

Nachdem ich also Leo erfolgreich zur Niederlage gecoacht hatte, dachte ich, das bekäme ich bei Marko doch auf jeden Fall nochmal hin. Marko sendete nämlich alarmierende Signale: Er hatte seine kroatischen Flüche bereits wieder eingestellt. Das kommt eigentlich nur ein zwei Situationen vor; entweder er spielt perfekt oder es ist körperlich und geistig komplett durch. Nach Situation 1 sah es von außen eher nicht aus.
Daniel, der im Gegensatz zu mir wirklich Ahnung von dem Sport hat, hatte es bereits aufgegeben, Marko Ratschläge zu geben („der macht einfach genau nix von dem, was ich ihm sage“). Dazu muss man allerdings auch verstanden haben, dass Markos Variabilität sich von „Rückhand Umlaufen und mit der Vorhand Vollgas“ über „Rückhand Umschleichen und mit der Vorhand Vollgas“ bis zu „Rückhand ignorieren und mit der Vorhand Vollgas“ erstreckt. Also begab ich mich Mitte des zweiten Satzes auf die Bank, und versuchte weniger seine Strategie als mehr seine Mentalität zu optimieren. Die Begrüßung bestätigte meine Befürchtungen: „Schammes, ohne Witz, das ist mein letztes Spiel. Ich beende meine Karriere. Kannste schonmal in der WhatsApp-Gruppe verkünden.“

Aber so schnell geht das natürlich bei uns nicht. Wenn hier jeder, der mal kacke spielt, gleich seine Karriere an den Nagel hängen dürfte, sähe der Kader in alphabetischer Reihenfolge wie folgt aus:
1. Dempfle, Steffen
fertig.

Schon beim nächsten Seitenwechsel konnte ich die Früchte meine Mühen ernten: „OK. Aber Doppel spiel ich heute auf keinen Fall! Das macht einfach keinen Sinn. Hol irgendwen. Der kann nur besser sein als ich“. Ich möchte Marko allerdings keinesfalls mangelnde Motivation vorwerfen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es bei 120°C im Schatten – und im Schatten befand sich Marko ja nun selten – extrem kräftezehrend ist, zwei Sätze lang die Rückhand zu umlaufen. Als ich noch zu meinen besten 1.Herren-Hockey-Zeiten fit war, ging das gerade so. Und ohne Marko zu nahe treten zu wollen: von diesem Zustand ist er eine Nuance entfernt.

Dass er nach 0:3 den zweiten Satz dann wieder eng gestalten konnte, verbuche ich zum Teil auch auf mein gutes Zureden; zumindest wurde ich, als ich zum wiederholten Male zum Seitenwechsel den Platz betrat von Marko mit den Worten empfangen: „Du schon wieder! Du gibst aber auch nicht auf“. Das entsprach zwar der Wahrheit, konnte eine weitere Niederlage aber leider nicht abwenden. Lediglich Hani, der irgendwann heimlich sein Match begonnen hatte, konnte souverän einen Punkt einfahren.

In der zweiten Runde traten dann Gödde, Manu und Daniel auf den Plan und ich erholte mich von meinen Anstrengungen erstmal im Schatten. Als ich irgendwann dann mal nach Daniel schaute, stand es zu meiner Überraschung 1:4. Kommentar seinerseits: „alles Gut, bin noch nicht im Spiel“. Das kurz darauf folgende 4:4 schien im Recht zu geben, trotzdem endete der erste Satz mit 4:6 und die Lageeinschätzung änderte sich um ein Detail zu „Bin nicht im Spiel“. Trotz Leos optimistischer Prognose „den zweiten Satz gewinnt er 6:0“ musste sich Daniel schließlich geschlagen geben und gab später konsterniert zu Protokoll: „Tschuldigung. Ich hab auch mal n Schweiß Tag erwischt“. Auch Gödde war mit seiner Leistung unzufrieden, allerdings befürchte ich, dass das am Ausgang der Partie gar nicht so viel geändert hätte; sein Gegner war erwartet stark. Somit lagen alle Hoffnung auf Manu. Wenn auch unterschiedlich verteilt. Hoffte der Großteil des Teams, dass er mit unserem zweiten Punkt eine Niederlage noch vor den Doppeln abwenden konnte, hoffte ich in erster Linie, dass wir Manu während seines 2,5 Stunden-Match bei 150°C im Schatten nicht reanimieren müssten. Und was soll ich sagen: beide Hoffnungen wurden erfüllt. 7:6, 1:6 und 12:10 lautete schließlich das sensationelle Ergebnis.

Erfreulich war dies auch deshalb, da somit Davids (also Heinsdorf; nicht Nyhuis) Anreise nicht umsonst war. Der hatte sich zwar bereits im Vorfeld bereit erklärt, seinen Besuch sitzen zu lassen und im Doppel aufzulaufen, wenn denn ein Notfall Eintritt, trotzdem muss überdacht werden, ob Markos nach seinem Match penetrant getätigte Aussagen, die sich recht präzise mit „mimimimimi“ zusammenfassen ließen, als Notfall gewertet werden können.

Wir versuchten es schließlich mit den Paarungen Gödde. Hani und Daniel. David und ich. Ca. 30 Minuten nach Einspielbeginn tauchte dann auch Manu wieder auf, der sich erfreulicher Weise noch zu Gödde auf den Platz stellte – um sich dann erstmal gründlich einzuspielen. Leider konnten aber nur David und ich einen Sieg einfahren, so dass wir uns schlussendlich mit 3:6 geschlagen geben mussten.

Ärgerlich erwies sich das aber in gewisser Weise erst später, als wir bemerkten, dass wir gar nicht gegen ein wirkliches Tennisteam verloren hatten, sondern eigentlich gegen einen Catering-Service, der nur nebenbei auch mal ne Filzkugel übers Netz drischt. Denn das abschließende Grillen überforderte sogar Gödde. Sensationell allein der Auftakt „möchte noch jemand ein paar Rippchen zu Vorspeise?“; gefolgt von 12 Tonnen Fleisch (pro Person) und abgeschlossen durch eine Mousse au Chocolat, das Sophia, bei aller Leistung ihrer männlichen Kollegen vorher, definitiv zum MVP des Spieltags kürte. Daher muss ich leider auch mit dem Wunsch abschließen, ungeachtet der Tatsache, dass die Jungs durch die Bank alle sehr sympathisch waren, dass der Ausstellungspark diese Saison leider nicht aufsteigen darf. Nächste Jahr würden wir gerne wiederkommen.

Schammes