Tennis – 3. Herren 30 – 5. Spieltag

Fünf Spieltage hat es gedauert, aber nun war es soweit: wir konnten 6 Mann ganz alleine aus den eigenen Reihen stellen; genauer gesagt sogar 7, so dass ich gezwungen war, eine Wahl zu treffen. Aber die konnte immerhin eine knappe Woche vor Spielbeginn kommuniziert werden und hatte erstaunlicher Weise sogar bis zum Spieltag bestand. Was natürlich nicht verhinderte, dass einigen Menschen um 22:24 Uhr des Vorabends auffiel, dass sie noch gar nicht wussten, wie sie knapp 15 Stunden später eigentlich zum Austragungsort kommen sollten. Glücklicher Weise konnte das bis 23:36 Uhr aber entspannt geklärt werden und selbst der verletzte Hani hatte seine Mitfahrgelegenheit. Wobei wir eigentlich alle viel verletzter sind als Hani, weil der nämlich nur irgendwas am Knochen hat; wir hingegen sind alle psychisch schwer getroffen (also noch mehr als sonst) – denn Hani verlässt uns. Also nicht nur uns sondern ganz Bayern, aber in erster Linie uns. Dieses gesamte Drama kann hier allerdings nicht aufgearbeitet werden.

Ziel der Reise dieses Wochenende war der bis dahin ungeschlagene Tabellenführer vom TC Geretsried, der mit einer LK1 an Eins aufläuft und an guten Tagen eine LK9 an Sechs aufstellt, an schlechten eine LK13. Diese Möglichkeit kam mir sehr gelegen, um Legende Steffen Dempfle, der keine Gelegenheit auslässt zu betonen, dass er eigentlich zu Höherem berufen wäre, als in der 3. Herren 30 rumzudümpeln, für die Begegnung zu begeistern. Den Anfang machte aber trotzdem das Fußvolk: Gödde, Leo, Marco.

Christoph hatte sich im zweiwöchigen Urlaub optimal vorbereitet, betonte er doch bereits während der Hinfahrt: „wenn ich heute ne LK6 wegputzen soll, muss ich aus konditionellen Gründen aufs Einspielen verzichten“. Angekommen unterlag er jedoch dem Gruppenzwang, stellte sich mit uns auf den Platz und fragte nur vier vollkommen missglückte Vorhände später völlig fassungslos: „macht Trainieren echt so viel aus?!“

Pünktlich zu Spielbeginn hatte er seine übliche Uli-Hoeneß-Gesichtsfarbe aufgesetzt und war bereit, das erste T-Shirt zu wechseln. Bei seinem Gegenüber saßen zu diesem Zeitpunkt bereits drei Kollegen auf der Bank, um ihren Mann zum Sieg zu coachen; dass man diese Saison nicht aufsteigen kann, scheint Geretsried niemand verraten zu haben. Wir hingegen nahmen etwas entfernt auf der sehr schön am Isar-Ufer gelegenen Anlage Platz und verlegten uns auf unsere Kernkompetenz: Dumm daherreden. „Ähh Gödde, kannste noch?! Wir glauben ganz fest an dich. Toi, toi, toi!“ Aber es half alles nix; Christoph kämpfte zwar wie ein Löwe, das hilft aber wenig, wenn man die Beinarbeit eines mit Drillingen trächtigen Flusspferdes aufbietet. Oder wie Knoth bereits Anfang des ersten Satzes formulierte: „Schade. Wenn Gödde fit wäre, könnte das eine interessante Partie werden“.

Ganz anderes präsentierte sich Marco. Das mag zum einen natürlich daran gelegen haben, dass sein Kontrahent eine um 11 schlechtere LK aufwies als der von Christoph, zum anderen aber ganz sicher an der deutlich besseren Beinarbeit; Flusspferd trächtig mit maximal Zwillingen. Aber wofür auch sinnlos über den Platz tänzeln, wenn der Aufschlag gut, die Rückhand solide und die Vorhand überragend kommt. Das Resultat war ein insgesamtes Zwischenergebnis von 1:1, was zugleich die erste Einzelniederlage der Heimmannschaft in der laufenden Saison darstellte.

Bei Leo stand es zu diesem Zeitpunkt ungefähr 2:2 im ersten Satz.    

Die frei gewordenen Plätze belegten Steffen und ich und es wurde bereits geunkt, ob Daniel später auf meinem oder auf Steffens Platz sein Einzel austragen würde; Leos Platz schlossen wir bereits zu diesem Zeitpunkt aus.

Die Geschichte meines Matches ist schnell erzählt. Der Gegner war LK8, ich LK13. Ich hatte also mehrere Optionen. Ich konnte mit ihm zusammen einfach den Ball immer wieder reinspielen bis einer, also ich, den Fehler macht, oder ich konnte aggressiv auf den Punkt gehen, bis einer, also ich, den Fehler macht. Gefühlt 10 Minuten später stand es 1:6.

Leo stellte gerade auf 3:2

Ich versuchte diverse taktische Dinge in der Satzpause: Wasserflasche auffüllen, Blase ausleeren, Rat bei Knoth suchen. „Joa, der spielt halt solide. Der war in der Halle schon gut. Hab Spaß, hast nix zu verlieren, probier was“. Ich stellte mir selbst also eine neue Aufgabe: Wenigstens nicht vor Leo fertig sein. 8 Minuten später war der zweite Satz mit 0:6 weg, Leo führte 4:3. Der einzige winzig kleine Trost war, dass Steffen ca. eine Minute vor mir fertig war, in der Zeit aber immerhin dreimal so viele Spiele geholt hatte.

Daniel begab sich also auf den Center-Court, Leo gewann den ersten Satz. Nun hatte ich also zumindest Zeit, mir Leos Match etwas genauer anzusehen und war sehr begeistert. Die Partie war hart umkämpft, jeder Ballwechsel war eng und aus irgendeinem Grund wollte sein etwas verspannter Gegenüber jeden zweiten Ballabdruck persönlich begutachten. Sympathien gewinnt man so keine, Matches zum Glück auch nicht immer. Nach handgestoppten 4 Stunden 23 und einem Spielstand von 7:8 im Match-Tiebreak wechselte das Aufschlagrecht zu Leo, bei 7:9 – warum auch immer – wieder zu seinem Gegner. Wollen wir aber nicht kleinlich werden; kurz darauf stand es 11:9 und bedeutete den zweiten Sieg des heutigen Tages.

Somit konnten wir und denn alle dem Schauspiel auf den Center-Court widmen. Knoth hatte dort den ersten Satz klar abgegeben, sich im zweiten Satz aber deutlich gesteigert. Überragende Stopps wechselten sich mit spektakulären Vorhand-Winnern ab und von uns kam die zu erwartende Coaching-Hilfe:
Steffen: „Spin auf die Rückhand. Spin auf die Rückhand. Spin auf die Rückhand“
Gödde: „Weniger Risiko. Spiel mal mehr Bälle rein“
Marco: „Feeeeeeeeesteeeeeeeeeeeeeer!“
Worin sich aber alle einige waren, war, dass es ein überragendes Spiel war, das Daniel leider trotzdem nicht gewinnen konnte, da der Match-Tiebreak unvermeidlich war. Hieß es während Leos Partie noch „also wenn einer heute nen Match-Tiebreak gewinnt, dann Leo“, war der Tenor jetzt durchgehend pessimistisch. Wie präzise Daniel das dann aber umsetzen würde, konnte wirklich keiner ahnen. Zweiten Satz bis zum letzten Punkt überragend gespielt, dann Match-Tiebreak 1:5..3:10; gespielt wie der erste Mensch; beeindruckend diese Psychologie. Dass er dafür dann noch Gödde für schlechtes Coaching eine Teilschuld anhängen wollte verbuchen wir angesichts Daniels bisheriger Match-Tiebreak-Statistik mal als unter Frust entstandenen, trumpschen Versuch für völliges Versagen irgendeinen Schuldigen zu erfinden.

Mit 2:4 ging es also in die Doppel, was für Marco nur hieß, dass wir eben nur noch knapp gewinnen würden. Aus Teambuilding-Gründen ließen wir Christoph und Daniel zusammen spielen, gefolgt von Steffen und Marco sowie Leo und mir am Schluss.

Fürs 3er-Doppel holte Geretsried extra nochmal einen frischen LK8er, wobei wir den Tatbestand unerwähnt lassen, dass dieser ebenfalls bei den Herren 60 gemeldet ist. Läuferisch war ihm das aber nicht anzumerken, Tennis spielen konnte er ohnehin und die größte Fankurve auf der Anlage hatte er auch dabei. Trotzdem gelang es Leo und mir, uns durchzusetzen.

Unser 1er-Doppel hatte erwartungsgemäß wenig Spaß, was weniger an der gegnerischen LK1 als viel mehr an seinem Spielpartner lag; das war nämlich mein Gegner, der nicht nur sehr gut, sondern auch noch völlig ausgeruht in dieses Match gehen konnte.

Sehr ausgeglichen, sehr schön anzusehen und sehr spannend war hingegen die Begegnung von Steffen und Marco. Zwischenzeitlich auch etwas hitzig, da sich nicht bei allen Entscheidungen direkt Einigkeit einstellte; aber wie Marco später so schön formulierte: „da merkt man mittlerweile dann doch das Alter. Da hat jeder nochmal reflektiert und jetzt sind wir übertrieben freundlich zueinander.“ Bedauerlicherweise gelang es unserem Team am Ende nicht, den Match-Tiebreak für sich zu entscheiden. Einzig glücklich darüber zeigte sich Daniel, da sonst sein Einzel das entscheidende zur Niederlage gewesen wäre.

Ich bin dann nach Spielende sofort aufgebrochen, um Familienleben und Bobos Grillfest zu kombinieren, der Rest der Truppe ist noch kurz geblieben; oder auch länger. Das letzte WhatsApp-Video vom Gastspielort erreichte mich um 23:06 Uhr, aber ich denke danach war bloß niemand mehr imstande, weitere zu schicken. Und somit sind wir allen Anforderungen an eine dritte Mannschaft mehr als gerecht geworden: solider Sport und solide Feiern. Es spricht zumindest Bände, dass Lilly nicht während des Live-Tickers der Zwischenergebnisse, sondern um exakt 22 Uhr nach ersten Party-Bildern wehmütig schrieb: „Nächste Woche will ich auch wieder dabei sein“. Prost.

Schammes