Tennis – 3.Herren 30 – 2.Spieltag

Das Besondere an der Sommer-Saison 2020 ist, dass es keinen Auf- oder Abstieg gibt. Das Besondere an der 2. Herren 30 des HC Wacker ist, dass sie es innerhalb dieser Spielzeit trotzdem schaffen abzusteigen; nämlich zur 3. Herren 30. Und das nur, weil der Verein für Unsummen einen Haufen Söldner aus Freimann eingekauft hat, die jetzt aus dem einzigen Grund vor uns spielen sollen, weil sie besser sind. Davon abgesehen, und das ist eine wichtige Nachricht für alle Welt-Untergangs-Propheten und diejenigen, die der festen Überzeugung sind, dass Dank Corona die komplette Weltordnung umgekrempelt wird, verhält sich diese Saison genauso, wie alle Saisons zuvor: das erste Spiel wurde gleich mal verlegt, weil es dem Gegner zeitlich gerade schlecht in den Kram passte und für den zweiten Gegner SV Lochhausen fanden sich nur 5 Mann; und darüber sollte ich schon froh sein.

20. Juni, Chamier: „Am 27.6. spielen wir mit Gödde, Daniel, Leo, mir, David, Stephan
22. Juni, Chamier: „Stephan kann am Wochenende nicht, dafür spielt Steffen“
24. Juni, Steffen: „Männer, Wochenende passt mir doch schlecht. Kann jemand anderes für mich spielen?“
24. Juni, Männer: 184 Nachrichten; keine befasste sich mit der Frage, ob jemand für Steffen spielen kann.
25. Juni, Chamier: „ich präsentiere den 6. Mann: Flo Krause
25. Juni, Männer: Flo Krauses Leistungen am Bierglas werden gefeiert
26. Juni, Chamier: „Treffpunkt ist morgen um 13:15 in Lochhausen. Findet das jeder?“
26. Juni, Daniel: „wer spielt denn überhaupt?“

Wer glaubt, Krippenerzieher/in wäre ein harter Job, kann gerne mal für eine Woche das Kapitänsamt der 3. Herren 30 übernehmen.

Schließlich fanden sich dann aber doch die richtigen 6 Personen in Lochhausen ein, wenn auch selbstverständlich nicht um 13:15, und es konnte losgehen; und das auf sechs Plätzen parallel, was es mir schwer macht, die einzelnen Partien zu kommentieren. Mein Spiel lässt sich ganz gut zusammenfassen als das „Duell des Manns ohne Rückhand gegen den Mann ohne Vorhand“. Böse Zungen würden jetzt sagen „also alles wie gehabt“, allerdings muss ich an dieser Stelle präzisieren; denn eigentlich bin ich nicht mehr „der Mann ohne Rückhand“ sondern jetzt „der Mann ohne Rückhand und ohne Kondition“. Insgesamt boten wir dabei ungefähr die Attraktivität von verschimmeltem Dörr-Obst, was meinen Gegner mental mehr belastete als mich. Evtl. aber auch nur, weil ich körperlich nicht mehr dazu in der Lage war, mich aufzuregen. Es stelle sich nämlich plötzlich heraus, das konsequentes Spezi Saufen und in Corona-Zeiten beständig auf der Couch Rumlümmeln nicht unmittelbar zu einem Zustand führt, in dem man zwei Sätze lang jede Rückhand umlaufen kann. Präzise ging es einen Satz und 2 Spiele; dann war Feierabend; und zwar in einer Art und Weise, dass mir völlig unklar war, wie ich bis Matchende überleben sollte; von gewinnen war gar nicht mehr zu reden. So ging es also folgerichtig in den Champions-Tiebreak, vor dem ich mir mit Wasserflasche auffüllen, Toilette aufsuchen und Banane schnorren genug Pause und aus Christophs Medikamenten-Schrank ausreichend Mineralien erschlich, dass ich die 17 Punkte des Match-Tiebreaks doch noch erfolgreich über die Bühne brachte.

Zu diesem Zeitpunkt war Knoth lange fertig, hatte er doch einen ungefährdetes 6:2 und 6:0 eingefahren. Ebenfalls vor mir war Christoph am Ende, allerdings gegen die LK6 an Eins relativ chancenlos. Und auch Leo rettete seine Partie nach 4 vergebenen Matchbällen noch ins Ziel.

Somit liefen nur noch die Begegnungen von Flo und David, die ich mir gemütlich von der Terrasse aus anschaute, während ich aktiv versuchte, grundlegende Körperfunktionen wie Puls und Atmung aufrecht zu erhalten. Kurz nachdem auch Herr Krause im Champions-Tiebreak einen Erfolg einfahren konnte, meldeten die neuen 2. Herren 30 in der Mannschaftsführer-Gruppe einen Zwischenstand von 5:1. Bei uns stand es zu diesem Zeitpunkt 4:1 und David führte im Match-Tiebreak mit 9:2. Ich tippte „bei uns auch“ und wartete mit dem Senden noch kurz auf den Abschluss des letzten Punkts; und wartete; und wartete. 17 Minuten später stand es 9:11 und ich korrigierte meinen Text zu „bei uns 4:2“.

Ich möchte David an dieser Stelle ein Kompliment aussprechen, mit welcher Souveränität er diese Niederlage wegsteckte. Natürlich war er unzufrieden und enttäuscht, aber er zerlegte weder seinen Schläger in 37 Puzzle-Teile noch musste er ihn aus dem benachbarten Waldstück fischen; das wäre bei mir anders gelaufen.

Für die Doppel zogen wir sämtliche taktischen Register: Flo: „ich kann nur Rückhand“. Alle anderen: „OK, du spielst mit Schammes“. Ansonsten boten wir Christoph und Daniel an Eins und David mit Leo an Zwei auf. Dass sich unser Einser-Doppel schwer tun würde, war abzusehen, das Schauspiel im Zweier-Doppel nicht zwingend. Auf meine spätere Frage, woran es lag, antwortete Leo in üblich analytischer Art: „Zunächst hat David schlecht gespielt. Dann habe ich schlecht gespielt. Zum Schluss haben wir beide schlecht gespielt.“
Also blieb es an Flo und mir hängen, den für diese Saison völlig unwichtigen Sieg einzufahren. Den Zwischenstand von 6:1 und 1:2 aus unserer Sicht kommentierte Gegner Wolfi mit „Na toll; schon wieder Champions-Tiebreak“. Dass sich dieser Spruch 25 Minuten später bewahrheitete, lag in erster Linie an mir, da ich von mir gab: „Sehr gut Flo. Du hast Aufschlag, das Spiel ist also save“. Die Konsequenz war, dass der bis dahin überragend servierende Psycho-Flo, der sich damit ganz hervorragend ins Team integriert, die nächsten beiden Aufschlagspiele Dank diverser, bis dahin nicht vorkommender, Doppelfehler abgab. Bis zum Match-Tiebreak hatten wir uns aber beide wieder gefangen und konnten auf 9:2 stellen, was insofern hoch gefährlich war, da Wolfi der Einzel-Gegner von David war. Zwei Mal brachte er dieses Kunststück aber nicht unter, so dass wir schließlich auf 5:4 Endstand stellen konnten.

Für Flo mit zwei Punkten also ein Einstand nach Maß bei uns, zumal der Gegner bereits im Vorfeld angekündigt hatte, dass es ein 50 Liter Freibier Fass geben sollte. Als ich um 19:10 die Anlage verließ, war das noch ziemlich voll. Nun ist es 23:43 und per WhatsApp bekomme ich gerade ein Selfie von Leo und Flo aus Lochhausen, dass sie dieses Defizit zusammen mit der Heimmannschaft nun korrigiert hätten. Somit hätte der Saisonauftakt 2020 unterm Strich also kaum erfolgreicher laufen können.

Schammes