Tennis – 7. Spieltag 2. Herren 30

Am letzten Spieltag der Saison ging es noch einmal um alles, nämlich um den Aufstieg. Selbstverständlich nicht für uns – das wäre nach bisher drei Siegen und drei Niederlagen doch etwas abenteuerlich – sondern für unsere Gäste aus Feldafing. Die lagen nämlich mit nur einer Niederlage lediglich aufgrund der geringfügig schlechteren Matchpunktbilanz hinter Spitzenreiter Großhadern. Um jene noch zu überflügeln, war ein möglichst hoher Sieg gegen uns notwendig.

Und die Jungs meinten es ernst. Dem Spielberichtsbogen war zu entnehmen, dass sie mit den Meldelisten-Positionen 1 (LK5), 2 (LK7), 3 (LK8), 5 (LK9), 8 (LK 13) und 12 (LK 15) aufliefen. Gott sei Dank müssen aber auch wir und nicht verstecken. Unsere Meldelistenpositionen fangen zwar in der zweiten Mannschaft etwas weiter hinten an, aber mit Henrik (LK7), Steffen (LK7) und Gödde (LK 10) haben wir an den Positionen eins bis drei schon auch absolute Raketen im Kader; schade, dass keiner von ihnen Zeit hatte. Aber unsere Stärke liegt ja ohnehin darin, dass wir mit Marko, Daniel und Hani noch drei weitere Jungs auf der Liste haben, die seit Jahren eine viel zu schlechte LK für ihre Fähigkeiten besitzen und dadurch absolute Punktegaranten auf den Positionen vier bis sechs darstellen; schade, dass auch von denen keiner Zeit hatte.

Positiv hingegen muss erwähnt werden, dass wir trotzdem sechs Leute aus dem eigenen Team aufstellen konnten. Hilfe aus anderen Mannschaften war ohnehin keine zu erwarten, da der Kader der 1. Herren 30 dort natürlich mittlerweile festgespielt war und die 3. Herren 30 sowie Herren 40 parallel zu uns spielten.

Also konnten wir folgende, tapfere Männer aufbieten, die sich der drohenden Übermacht entgegen stemmten: Leo (Meldelistenposition 30 / LK 12), Manu (32 / LK 12), meine Wenigkeit (35 / LK 13), David (45 / LK 17), Sensationscomebacker Christoph Küster (46 / LK 18) sowie Heiko (53 / LK 23).

Kurzum: Meldelisten-Durchschnitts-Position 40,2 gegen 5,2 oder auch LK-Summe 95 gegen 57. Zumindest die Favoriten-Rolle war geklärt, und wir konnten ohne Druck aufspielen. Um das Elend nicht unnötig in die Länge zu ziehen, entschlossen wir uns, auf sechs Plätzen parallel anzufangen und somit zu erwartende Regenpausen auf ein Minimum zu reduzieren. Das hatte zudem den Vorteil, dass wir unsere Tagesziel interessanter gestalten konnten: Wir wollten wenigstens einen Matchpunkt holen und sofort alle anderen Einzel abbrechen, sobald dies dem ersten gelungen war. Der Nachteil hingegen ist, dass ich über die Partien meiner Mitstreiter wenig sagen kann.

Von Platz eins jedoch hörte ich Leo fluchen, was insofern besorgniserregend war, da dies in den drei Jahren, in denen es unser Team nun gibt, noch niemals vorgekommen war; vermutlich kein allzu gutes Zeichen. Auf meinem Nachbarplatz gelang es Manu zumindest, seinen Gegenspieler etwas zu ärgern; nicht durch die Abnahme erwähnenswert vieler Punkte, sondern durch dermaßen lange Pausen beim Seitenwechsel, dass sich der Kollege aus Feldafing zu langweilen begann. Auf der anderen Seite stemmte sich Heiko mit großem Einsatz gegen die Differenz von acht LKs, aber ein ausgesprochen solider Aufschlag und sehr starke Grundschläge seines Kontrahenten ließen ihm wenig Chancen. Dahinter sah ich ab und an Christoph ansehnlich durchschwingen, aber die Tennispause von über einem Jahr wirkte sich überraschender Weise wenig positiv auf die Konstanz seiner Schläge aus. Er versicherte allerdings im Anschluss, dass er besser gespielt und mehr Spaß gehabt habe, als noch zu seiner aktiven Zeit und sich auf dieser Basis aufbauen lasse. Ob das konkret nun bedeutet, dass er wieder ins Training einsteigt oder dass er nun regelmäßig einmal pro Jahr spielen wolle, konnte ich noch nicht ganz heraushören. Die Vorgänge auf Platz 6 nahm ich ebenfalls nur akustisch war und die deuteten nicht an, dass David einem souveränen Sieg entgegensteuerte.

Ich persönlich machte mir gegen die 7 LKs besser natürlich auch keine großen Hoffnungen und nahm mir daher vor, Spaß zu haben, viel zu Umlaufen, mich um Druck mit der Vorhand zu bemühen und den Gegner zumindest ein wenig zu beschäftigen. Das begann mit einem Break und einem souveränen Aufschlaggewinn für mich sowie einer vergebenen nächsten Break-Chance aufs 3:0. Von wegen LK13! Eigentlich bin ich ja eher LK 8 gefangen im Körper einer 42-jährigen Spezi-Plauze. Im vierten Spiel hatte ich dann wieder Aufschlag und nur 4 Doppelfehler später stand es 2:2. Tsja, vielleicht dann doch eher LK 24. Der erste Satz blieb eng, aber mit 4:6 zog ich den Kürzeren. Ich hatte allerdings mittlerweile erkannt, dass mein Gegenüber nicht der fitteste Vertreter seiner Gattung war und nahm mir daher vor, ihn im zweiten Satz noch mehr von links nach rechts zu bewegen und zur Not auch wieder zurück. 6:3 und ein leicht entnervter sowie körperlich durchaus etwas angeschlagener Gegner waren der Lohn.

Den Matchtiebreak eröffneten wir mit einer wirklich sehenswerten Rally, an deren Ende ich einen guten Angriffsball platzieren und ans Netz vorrücken konnte, um dann den abschließenden, simplen Vorhandvolley souverän gegen die Netzkante zu schupsen. 0:1; gefolgt von sinnflutartigem Regen.

Während dieser Unterbrechung konnte mir David zumindest eine Zusammenfassung seines Matchs liefern: „So ein DRECK! Ich könnte kotzen! Ich bin genau da, wo ich vor 15 Jahren als Knabe aufgehört habe: der Gegner löffelt alles hoch und weit zurück, ich hacke drauf wie ein Gestörter und mache die Fehler! Der Typ hat son Ranzen und erläuft trotzdem JEDEN Ball! JEDEN! Und der löffelt nur rein! Das ist ne LK9! Ich könnte AUSRASTEN!!!!“. Christophs nüchterner Kommentar: „Was heißt „könntest“? Du rastest gerade aus.“ Ich gab dann noch zu bedenken, dass jeden Ball erlaufen und jeden Ball reinspielen durchaus Fähigkeiten sind, die einen guten Spieler ausmachen. Das musste auch David irgendwann anerkennen und gegen Ende der Woche sollte er sich dann auch wieder beruhigt haben.

Nur eine Stunde nach Unterbrechung meines Einzels war dann sogar wieder an Weiterspielen zu denken. Die Sonne lachte, die Pfützen waren getrocknet, mein Gegner wieder quietsch fidel. Aber zumindest bescherten mir die Umstände eine Rekordkulisse von exakt 10 Zuschauern (5 Jungs aus Feldafing, 5 Jungs von mir). Und zu meiner großen Überraschung kam ich sogar wieder ganz gut rein. Es entwickelten sich sehr schöne Ballwechsel,  4:2 geführt, 6:4 geführt und bei 6:6 eine sensationelle Vorhand inside in zum 7:6. Dann zwei miese Returns und zwei Doppelfehler, zack 7:10, scheiß Match-Tiebreak. Sanya, wie weit bis du mit der Rekrutierung eines Vereins-Psychologen?

Um im Aufstiegs-Fernduell sportlich fair zu bleiben, blockte ich sämtliche aufkeimenden Ideen zur Einigung auf Doppel-Ergebnisse ab, wohl wissend, dass das nicht zu unseren Gunsten ausgehen sollte. Wir einigten uns recht zügig auf 1 & 2, 3 & 4 sowie 5 & 6. Überraschender Weise blieben aber auch hier die großen Tennis-Wunder aus; auf der einen Seite hörte ich ab und an Leo schreien, auf der anderen Seite fragte Christoph in die Runde, wie genau das nochmal mit diesem Mysterium „Aufschlag“ funktionierte. Ich glaube trotzdem, dass alle irgendwie Spaß hatten.

Ich für meinen Teil hatte zumindest großen. Uns wurden die Kollegen 1 und 4 zugelost und insbesondere „Osi“, ein in Kroatien lebender Serbe, war mit Sicherheit einer der sympathischsten Menschen, die mir je auf einem Tennisplatz begegnet sind. Mit seiner LK 5 nagelte er die Bälle nach Belieben mal links und mal rechts an uns vorbei, lobte uns von Herzen für jeden gelungen Punkt und gab ab und zu noch in paar Tipps. Der erste Satz ging mit 2:6 dann recht bald ans Trainerteam; in der Anfangsphase des zweiten Satzes hingegen boten David und ich plötzlich eine Performance, die Daniel Knoth zu Tränen gerührt hätte. Wir jagten einfach mal auf jeden Ball drauf wie auf kaltes Eisen und trafen…ALLES. 4:1 hieß es plötzlich für uns. Allerdings muss bedacht werden, dass wir in Summe keine LK 30 wären, wenn wir dieses Niveau länger halten könnten. 5:7 ging dann leider auch der zweite Satz verloren, was ich insbesondere deshalb bedauerte, weil ich dieses Match gerne einfach noch länger gespielt hätte – egal mit welchem Ausgang. Im Laufe des Abends schrieb mir der Mannschaftsführer aus Großhadern, mit dem ich über den Tag immer mal wieder Kontakt hatte, dass sie ihren Aufstieg durch ein eigenes 9:0 in trockene Tücher gebracht hatten, was mich sehr beruhigte; nicht, dass ich den Jungs aus Feldafing dieses Aufstieg auch nur ein bisschen weniger gegönnt hätte als Großhadern, aber nachdem unsere bisher höchste Saisonniederlage ein 3:6 war, hätte ich doch eine sehr schlechtes Gewissen gehabt, wenn wir mit unserer Abschlussvorstellung den Wettbewerb entscheidend verzerrt hätten.

Aber so konnten wir uns dann wenigstens voll aufs Sommerfest konzentrieren und den Löwen zur Verteidigung des Pokals gegen Essen gratulieren. Der Glückwunsch gilt insbesondere Stephan Köhler, der als Spielertrainer und Torschütze einen großen Beitrag zu diesem Erfolg leistete. Zudem hatte dieses Event noch einen weiteren Vorteil: Die Spieler aus allen Vereinen Münchens wie Essens stellten durchaus einen nennenswerten Teil des ansonsten recht spärlich besuchten Fests dar. Zugegeben war das Wetter jetzt für ein Sommerfest nicht am Optimum, aber, für die, die seltener da sind: unser Clubhaus hat ein Dach. Und sogar ein Vordach auf der Terrasse. Dieser Umstand scheint aber in erster Linie sehr langjährigen Vereinsmitgliedern bekannt zu sein, die somit auch das Gros der Teilnehmer stellten. Ob es sich um rauschendes Fest handelte, das man nicht verpassen sollte, möchte ich nicht beurteilen. Wenn aber auf unserem Sommerfest mehr Hockeyspieler von TUS, Rot-Weiß und MSC rumlaufen, die jeweils mit 2 bis 3 Leuten bei den Löwen vertreten waren, als von der eigenen ersten und zweiten Herren und Damen Mannschaft in Summe, läuft doch einiges falsch. So waren die Avivos die einzigen, die den Hockey-Bereich anständig vertraten, gefolgt von den zweiten Herren, die zumindest eine mittlere einstellige Spielerzahl vorweisen konnten. Die Tenniswelt wurde zunächst von ein paar 2. Herren 30 sowie der ziemlich kompletten! 1. Damen vertreten, eh diese dann von den 1. und 3. Herren 30 abgelöst wurden. Der dritten Mannschaft sei an dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Glückwunsch zum Aufstieg ausgesprochen. Zwar war dies von vorneherein auch das klar formulierte Ziel und selten eine neu gemeldete Mannschaft leistungsmäßig so falsch einsortiert wie diese Jungs, trotzdem muss man eine Saison erst einmal derart souverän bestreiten.

Den größten Respekt für ihr Erscheinen verdienen allerdings die 1. Herren 30, denn sie waren trotz einer 4:5 Niederlage nach 4:2 Einzelführung gegen den direkten Abstiegskonkurrenten angereist. Weniger Grund zum Feiern kann man kaum haben; mehr Grund zum Saufen allerdings auch nicht.

Schammes